Beschreibung
und Illustration des Pollensammel-Mimikrys bei Keilfleckschwebfliegen
(DIPTERA : Syrphidae, Gattung Eristalis)
Dipl
Biol. Peter Ulrich Zanger, CID Institut Weilmünster, 21. Juli 2016
Ein
Stachel schützt, man wird nicht so leicht gefressen, wenn man sich
zur Wehr setzen kann. Die allerseits bekannte Verteidigungskraft von
Bienen, Wespen und Hummeln hat im „vermenschlichten“ Sinne den
Respekt im Tierreich erzeugt, der es diesen staatenbildenden Insekten
ermöglicht hat, große Völker mit sozialen Organisationsstrukturen,
Arbeitsteilung und eindrucksvollen Bauwerken zu erzeugen und somit
zur vielbeachteten Avantgarde der Insektenwelt aufzusteigen. Wer
einmal die Erfahrung eines Wespenstiches gemacht hat wird für den
Rest seines Lebens die schwarz-gelbe Körperfärbung der zum Stechen
befähigten Insekten als Warnsignal in Erinnerung behalten. Den
intuitiven Warneffekt dieser Farbkombination macht sich so auch der
Mensch zu nutze, indem er beispielsweise seine Warnsignale und
Warnschilder farblich entsprechend gestaltet.
Auch
unter den Tieren ist das Imitieren der farblichen Körperzeichnung
als gefährlich bekannter, stachelbewehrter Insektenarten zum eigenen
Schutz weit verbreitet. Viele Insektenarten, die nicht mit Bienen,
Wespen und Hummeln verwandt sind und über keinerlei stechende
Abwehrmechanismen verfügen, lösen bei potentiellen Prädatoren
einen wirkungsvollen Abschreckungseffekt aus, wenn sie farblich
ähnlich gezeichnet sind, das heißt insbesondere, wenn ihr
Körperende, das sogenannte Abdomen, dasselbe schwarz-gelbe
Ringelmuster trägt, wie dies bei Wespen zumeist der Fall ist. Man
nennt diese Aussehensähnlichkeit wissenschaftlich Mimikry. Mimikry
bezeichnet allerdings jegliche Art von abschreckender Imitation,
auch die Reproduktion von Raubvogelaugen auf Schmetterlingsflügeln
oder die Wiederholung der Farbmusterung von Giftschlangen auf
ungiftigen Reptilien, wie beispielsweise die der tropischen
Korallenschlangen.
Eine
besonders spezielle Imitation von Honig sammelnden Bienen ist in der
Fliegen-Familie der Syrphiden zu beobachten. Die Schwebfliegen
(DIPTERA : Syrphidae) sind besonders auffällig und dadurch bekannt,
daß sie die Fähigkeit besitzen, wie Hubschrauber im Stillflug ruhig
an einem Punkt in der Luft zu verweilen, was ihnen auch den Namen
„Schwebfliegen“ zugetragen hat. In dieser Insektenfamilie ist das
Wespen-Mimikry weit verbreitet, denn viele Arten sind schwarz-gelb
geringelt und halten sich zudem oft in Gesellschaft von Wespen und
Bienen an Doldenblüten auf.
Hier
betrachten wir näher die Schwebfliegen-Gattung Eristalis
(Keilfleckschwebfliegen) die mit ca. 17 Arten in Deutschland
vertreten ist. Einige Arten dieser Gattung und zwar Eristalis
abusiva, Eristalis arbustorum, Eristalis interrupta, Eristalis
lineata und Eristalis tenax tragen deutlich und von
weitem sichtbar auf dem Abdomen oberhalb des hinteren Beinpaares
einen dreieckigen, leuchtend-gelben Keilfleck. Aus einigem Abstand
betrachtet und wenn die Tiere sich in Bewegung befinden sind sie so
schwer zu unterscheiden von Pollen sammelnden Bienen, die die
eingesammelten, gelben Blütenstaubkörner an den
Pollensammelapparaten ihrer Hinterbeine transportieren und so die
berühmten, gelben „Höschen“ (Corbicula) bilden. Die spezielle
Farbgebung der Keilfleckschwebfliegen der Gattung Eristalis ist somit
eine Pollensammel-Mimikry. Dies ist wohl auch der Grund für die
deutsche Benennung von Eristalis tenax als
Scheinbienen-Keilfleckschwebfliege.
Blütenpollen transportierende Wildbiene (links) mit gelben "Corbicula" an den Hinterbeinen und Pollenladung farblich durch gelbe Körperzeichnung imitierende Keilfleckschwebfliege Eristalis abusiva.