Donnerstag, 8. Januar 2015

Entdeckung eines bisher undokumentierten Raubvogel-Verhaltens : Milane verzehren ihre Beute im Flug in großer Höhe
Dipl. Biol. Peter Ulrich Zanger / CID Institut Weilmünster 4. Juli 2016


Recht unterschiedlich ausgeprägt sind Räuber-Beute-Beziehungen bei Raubvögeln. Alle Vögel dieser Artengruppe sehen sehr gut, sowohl spähend, von erhöhten Ansitzwarten aus, oder aber auch in schneller Bewegung aus dem Flug heraus und sind in der Lage, kleinste Beutetiere über große Distanz hinweg zu orten, zu lokalisieren, gezielt anzufliegen und zu fangen. Mit Ausnahme der Geier, die die Nähe des Menschen nicht nur nicht scheuen sondern sogar suchen, denn sie ernähren sich unter anderem auch von anthropogenen Abfällen, so daß man sie oft in großen Gruppen am Boden sitzend an ihren Futterplätzen oder Beutetieren beobachten kann, vermeiden es fast alle anderen Raubvögel, während ihrer Nahrungsaufnahme beobachtet zu werden. Diese fast ausschließlich lebende Beutetiere jagenden Raubvögel landen meist nur kurz und direkt beim sogenannten "Schlagen" ihres Opfers am Boden und tragen das gefangene Tier dann sofort in eine, zumeist erhöht liegende Ruhezone oder in das Nest, wo das Beutetier verzehrt oder an die Jungvögel verfüttert wird. 

In landwirtschaftlich geprägten Gegenden kann zur Zeit der Ernte nach dem Abmähen von Getreidefeldern das Phänomen beobachtet werden, daß sich größer Gruppen von Raubvögeln über den frisch abgemähten Äckern ansammeln um dort die nun ungeschützten und gut sichtbaren Kleinsäugern (Mäusen) zu jagen beginnen. Dazu verweilen sie auch bisweilen gelandet und am Boden wartend in Erwartung der in großer Zahl aktiven Beutetiere, die auf der Suche nach zurückgebliebenen Getreidekörnern an der Erdoberfläche herumlaufen. In Weilmünster-Laubuseschbach wurden so im September 2009 auf abgeernteten Maisäckern nordwestlich der Windkraftanlagen neben Bussarden ein Schwarm Milane bestehend aus 30-40 Vögeln beobachtet, die relativ kleinräumig gemeinsam nach Nahrung suchten. 






Schwarzmilan (Milvus migrans) mit Beutetier (Wühlmaus) beim Abflug vom Fangplatz im Tiefflug
Essershausen - Wiesen am Weiltalradweg / 18. Mai 2015



Vermutlich ist es abhängig von der Größe eines Beutetieres und der Struktur des Beute-Fangplatzes, was der Raubvogel nach dem Ergreifen seiner Beute unternimmt. Kleintiere werden vermutlich sofort verschluckt, größere Tiere sofort weggetragen. Durch den Wegflug entzieht sich der Raubvogel beim Verzehren der Beute der weiteren Beobachtung, insbesondere weil er zur Nahrungsaufnahme sichtgeschützte Plätze aufsucht. 

Wenig bekannt und vermutlich kaum dokumentiert ist die Tatsache, daß Milane nach dem Ergreifen der Beute sich sofort aufwärts schwingen und unter Ausnutzung von Aufwinden kreisend fliegend in große Höhe aufsteigen, wo sie in aller Ruhe und ungestört von anderen attackierenden Vögeln mit dem Verzehr der Nahrung beginnen können. Dieses Verhalten ist fotografisch wenig dokumentiert und gerät erst seit der Existenz von Kameras mit Teleobjektiv-Brennweiten, die Hochdistanzaufnahmen mit Detailabbildungsqualität erlauben, in den Fokus des Interesses von Naturstudierenden. Die Raubvögel halten dabei das Beutetier in den ausgestreckten Krallen und biegen den Kopf nach rückwärts unten unter ihre Brust, wo sie beginnen, mit dem Schnabel die Beute zu zerteilen.



Rotmilan (Milvus milvus) beim stetigen "In die Höhe schrauben" beginnt mit dem Zerlegen seiner Beute im Flug
Weilmünster - Lorbeerkrone / 15. April 2015






Rotmilan (Milvus milvus) beim Beute-Zerlegen im Flug
Weilmünster - Lorbeerkrone / 16. April 2015










Rotmilan (Milvus milvus) beim fliegenden Verzehren einer Ratte
Weilmünster - Lorbeerkrone / 10. Juni 2016






Schwarzmilan (Milvus migrans) beim Auftransport eines großen Beutetieres (Kaninchen) in große Flughöhe
Weilmünster - Ortsmitte / 2. Juli 2016





Das Hochfliegen mit der Beute in den Krallen ist dabei kein durchdachtes Verhaltensmuster des Raubvogels, sondern unterliegt vermutlich einem angeborenem Steuerungsmechanismus, der nach einem bestimmten Signalreiz eine vorbestimmte Verhaltenskette auslöst (AAM). Dies führt dazu, daß nach "Fehlfängen", wenn also die Beute beim Schlagen am Boden entkommen kann und der Vogel nur Umgebungsmaterial (Grasbüschel, Pflanzenreste) in den Krallen abtransportiert, trotzdem das kreisende Steigflugverhalten und des Aufsteigen in große Höhe eingeleitet und durchgeführt wird, ohne daß der Raubvogel währenddessen "checkt", ob die in den Klauen davongetragene Beute auch der persönlichen Erwartung entspricht oder, ob es sich wie im folgenden dokumentierten Fall, nur um einen Büschel trockenes Gras handelt.







Schwarzmilan (Milvus migrans) transportiert nach Fehlfang einen Grasbüschel statt des Beutetieres in große Flughöhe
Weilmünster - Lorbeerkrone / 2. Juli 2016
















(Wieder- ?) Entdeckung einer besonders reichhaltigen Fossilfundstelle am Ortsrande von Weilmünster
Dipl. Biol. Peter Ulrich Zanger / CID Institut Weilmünster 9. März 2016


Nicht aufgezeichnetes oder publiziertes Wissen geht bisweilen mit den Wissensträgern wieder verloren. Auch kann bei der heute nach Jahrhunderten naturwissenschaftlicher Schriftenerstellungen und unzähligen großen und kleinen Artikeln in tausenden von Fachzeitschriften unübersehbaren Zahl von Veröffentlichungen die eine oder andere Publikation manchmal auch übersehen werden. Fossilfundstellen bei Weilmünster sind nichts ungewöhnliches und deren Existenz, Lage und Lebenswelt-Zusammensetzung bereits in der Vergangenheit beschrieben worden. Begleitend zu Bergbau-, Straßen- und Eisenbahnbau-Aktivitäten wurde im Weiltal zwischen 1850 und 1950 jeder Felsvorsprung, jede Klippe, jeder noch so kleine Steinbruch von Naturwissenschaftlern und Geologen akribisch auf Fossilvorkommen hin abgesucht, katalogisiert, Belegstücke gesammelt und in den großen Museen und Sammlungen von Frankfurt, Wiesbaden, Darmstadt, Gießen und Weilburg aber auch in kleineren Ortsmuseen oder Privatsammlungen beispielweise der Bergbaubetriebe gesammelt, klassifiziert und aufbewahrt. Eine Übersicht über die bekanntesten Fossilfundstellen gibt das Kommentarbuch zum betreffenden Blatt der geologischen Karte.

So ist die Entdeckung einer Felsklippe des Flachmeeres, das zu prähistorischer Zeit phasenweise den Taunus überspülte und an welcher fossile Überreste der damals lebenden Korallenriff-Tierarten erhalten und aufgeschlossen sind, auch für die unmittelbare Ortsrandnähe von Weilmünster für sich alleine genommen nichts, was als unmöglich oder außergewöhnlich angesehen werden müßte. Allerdings - und dies könnte letztendlich doch die Entdeckung des urzeitlichen Korallenriffes bei Weilmünster am Nachmittag des ersten Sonnentages des Jahres 2016, zu einem Fund werden lassen, dessen detailliertere Untersuchung noch lange Jahre die regionale Wissenschaftswelt in seinen Bann ziehen wird - sind die ersten am 9. März zu Tage getretenen Fundstücke außerordentlich groß und gut erhalten und läßt die erste Betrachtung des ehemaligen Meeresfelsens mehr als die Hoffnung zu, daß sich noch zahlreiche weitere interessante Fundstücke im mürben Gestein der Klippe verbergen.

Besonders bemerkenswert sind auf den ersten Blick hin eine Gruppe von Seepocken oder Steinkorallen. Auch die Schalenkörper mehrerer Brachipoden-Arten konnten auf den ersten Blick hin einigermaßen sicher identifiziert werden. Ein winziger Ammonit wurde während der Präparation der fragilen Gesteins-Oberfläche vorübergehend sichtbar. Weitere, größere Fundstücke sind wohl erst nach exakteren Literaturstudien und Konsultationen von Fossil-Spezialisten sicher zuzuordnen. Eine erste fotografische Dokumentation des Fundortes und der deutlich erkennbaren Fundstücke wurde angefertigt und ist Grundlage für weitere Untersuchungen.


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Das Orchideen-Paradies Naturschutzgebiet Möttbachtal
Dipl. Biol. Peter Ulrich Zanger / CID Institut 25. Mai 2015


Aus der Sicht des Naturschutzes "schützenswert" sind fast alle nicht intensiv land- oder forstwirtschaflich genutzten Naturräume Weilmünster, doch stehen nur wenige Flächen unter dem offiziellen Attribut "Naturschutzgebiet" und unterliegen damit besonders definierten Auflagen und Pflegevorschriften, um so den Weiterbestand besonders seltener oder gefährdeter Tier- und Pflanzenarten bzw. Lebensgemeinschaften zu garantierten. Eines dieser abgegrenzten Gebiete ist das "Naturschutzgebiet Moettbachtal" zwischen den Weilmünsterer Ortsteilen Dietenhausen und Moettau. 


Die Große Glatthafer-Wiese im Naturschutzgebiet Moettbachtal beherbergt den einzigen großflächigen Orchideen-Bestand Weilmünsters


Seit dem 28. November 1988 stehen die 17,45 Hektar des von ausgedehnten Waldflächen umrandeten Wald-Wiesentales unter Naturschutz. Grund hierfür böte schon alleine das wertvolle, von Verkehrswegen ungestörte Landschaftsbild aus Auwald, Feuchtwiesenflächen (Mädesüßfluren, Großseggenried, Rohrglanzglasflur, Flutsüßgrasbeständen, Glatthafer- und Sumpfdotterblumenwiesen) und Laubholz-Waldrandgesellschaften, auf und in denen 58 besonders zu schützende Tierarten leben. Auch 3 Rote-Liste-Pflanzenarten sind hier registriert. Besonders geschützt sind hier die Orchideen-Bestände der großen Glatthaferwiese, die nur in der zweiten Hälfte des Monates Mai für aufmerksame Naturkundler während ihrer kurzen Blütezeit sichtbar sind, sowie die Sumpfdotterblumenwiesen, die dank ihrer fast ganzjährigen durch Bodenfeuchte bedingten Unzugänglichkeit ebenso wie die Orchideen in den letzten 10 Jahren ihre Wuchsareale bemerkenswert ausdehnen konnten.   


Bemerkenswert dichter und auffallend individuenreicher Orchideen-Bestand im Naturschutzgebiet Moettbachtal zur Haupt-Blütezeit am 23. Mai 2015



Das von den auf der folgenden Kartenabbildung von den blaumarkierten Linien begrenzte Schutzgebiet hat eine Gesamtlänge von 2,4 Kilometer. Grund für den naturnahen Zustand ist die Aufrechterhaltung der historischen Auen-Nutzung mit extensiver Mahd ohne künstliche Nährstoffzufuhr durch Düngung. Teilbereiche des Grünlandes liegen vollkommen brach und in der Umgebung des Überschwemmungswaldes mit heute 2 größeren, künstlich angelegten und mehreren kleineren, natürlichen Teichen wird durch naturnahe gärtnerische Gestaltungsmaßnahmen die Ausdehnung wertvoller Lebensräume gezielt gefördert. 



Verlauf des Waldtales "Naturschutzgebiet Moettbachtal" parallel zur B 456 zwischen Moettau und Dietenhausen. Nördliche und Südliche Schutzgebietsgrenze sind durch blaue Linien markiert. Der Verlauf der seitlichen Gebietsgrenze entspricht ungefähr dem Waldrand entlang des Wiesentales.


Um Mißverständnissen vorzubeugen: die Teiche des Naturschutzgebietes sind nicht identisch mit dem Moettauer Weiher, der als Wasservogelschutzgebiet weiter nordwestlich, auf der anderen Seite der Ortschaft Moettau im selben Flußtal liegt. Vielmehr wurden sie lange vor der formellen Ausweisung des Naturschutzgebietes künstlich im Tale angelegt und dienten ursprünglich nur der Fischzucht, heute aber vermehrt auch der Ansiedlung und Vermehrung von anderen Tierarten durch private Artenhilfsprogramme. 




Blühende Orchidee der Gattung Dactylorhiza im NSG Moettbachtal am 23. Mai 2015


Die Orchideen als die "eigentlichen Juwelen" des Schutzgebietes zu bezeichnen ist zwar verführerisch wegen der faszinierenden Schönheit und Blütenpracht dieser Stauden, doch würde eine solche Titelvergabe den unzähligen weiteren Pflanzenschönheiten wie Wasserlilien, Sumpfdotterblumen, Kuckucks-Lichtnelken, Gamander-Ehrenpreis, Schlangenwurz und Igelkolben - um nur einige zu nennen und welche nachfolgend noch erwähnt werden sollen, nicht gerecht werden. Doch soll die kurze Betrachtung der Orchideen hier vorangestellt werden, da sie besonders selten und empfindlich sind.

Als allererstes stellt sich Biologen und botanischen Laien zumeist die Frage, um welche Orchideen-Art es sich bei der betrachteten Pflanze exakt handelt. Die Klärung dieser Frage ist nicht immer problemlos zu bewältigen, da es immer häufiger vorkommt, daß Einzelpflanzen Bestimmungsmerkmale mehrerer Arten in sich vereinigen oder "vermischen". Man spricht dabei in der biologischen oder gärtnerischen Fachterminologie von Hybridisierung, Hybrid-Bildung oder der Entstehung von Hybrid-Arten, also Mischformen biologisch exakt abgegrenzter bzw. beschriebener Arten. 

Im vorliegenden Falle handelt es sich um eine Orchidee der Gattung Dactylorhiza, also der Knabenkrautgewächse, mit hoher Merkmalsähnlichkeit zum "Gefleckten Knabenkraut" Dactylorhiza maculata. Hierfür sprechen zum Einen die blau-violetten Punkt- und Strichmuster auf den beiden abwärts gerichteten Lippen jeder Einzelblüte des Blütenstandes - auch wenn diese von Pflanze zu Pflanze variieren - sowie die dunkle Fleckenmuster-Zeichnung der untersten Stengelblätter, die allerdings bisweilen entweder fehlt oder aber sehr unterschiedlich intensiv ausgeprägt ist. Das Blattflecken-Muster als Bestimmungsmerkmal teilt sich das Gefleckte Knabenkraut zudem mit dem Männlichen Knabenkraut, dem Breitblättrigen Knabenkraut und dem Fuchs-Knabenkraut.



Vergleich der Blüten-Lippen-Zeichnungsmuster von Einzelblüten der Blütenstände von 4 verschiedenen Pflanzen des Bestandes von Dactylorhiza maculata im NSG Möttbachtal am 23. Mai 2015



Vergleich der Blatt-Tupfen-Variabilität von Stengelblättern an 5 Einzelpflanzen des Bestandes von Dactylorhiza maculata im NSG Möttbachtal am 23. Mai 2015



Unabhängig von der Fragestellung der exakten Artbestimmung ist aber die Entdeckung, daß im Vergleich zur Situation in den Jahren 2005 bis 2007 sowohl die Anzahl der gesichteten Einzelpflanzen als auch die Fläche des Verbreitungsareales der Orchideen deutlich vergrößert hat. So wachsen im Mai 2015 auch Dactylorhiza maculata-Pflanzen in größerer Zahl am westlichen Ufer des Möttbaches, das deutlich stärker durchfeuchtet und daher schwerer begehbar ist, als der bisherige Haupt-Wuchsplatz auf der großen Glatthaferwiese am gegenüberliegenden Möttbach-Ufer am Nordwest-Ende des NSG.


Wie schon erwähnt, beheimatet die Große Glatthaferwiese auch dutzende andere bemerkenswerte Pflanzenarten der typischen Pflanzengesellschaften von Feuchtwiesen und Gewässerufern. Gleichzeitig mit den Orchideen blüht hier und ist wegen ihrer filigranen, fein gefiederten Blüten besonders schön anzusehen die Kuckucks-Lichtnelke Lychnis flos-cuculi. Früher mit dem wissenschaftlichen Namen Silene flos-cuculi bezeichnet, trägt das besonders auf Feuchtwiesen zu findende Nelkengewächs auch noch die Namen Donnerblume oder Ragged Robin. Der Pflanze werden in der Volksmedizin heilende Eigenschaften zugeordnet. Ihr Name stammt vermutlich von ihrer Blütezeit während der Haupt-Rufaktivitätsphase des Kuckucks-Vogels.



Lychnis flos-cuculi (Kuckucks-Lichtnelke) wächst und blüht zusammen mit den Orchideen im NSG Moettbachtal.



Ebenso am selben Standort blüht Mitte Mai mit schönen, tiefblauen Blüten der Gamander Ehrenpreis Veronica chamaedrys aus der Familie der Wegerichgewächse PLANTAGINACEAE. Seine weiteren deutschen Namen sind Augentrost, Frauenbiss, Männertreu und Wildes Vergissmeinnicht. Auch als "Gewitterblümchen" bezeichnet man ihn im Volksmund, da sein Pflücken angeblich Gewitter auslösen soll. Im Vergleich zu den bisher beschriebenen Pflanzenarten muß man aber aufmerksam nach den Blüten dieser krautig wachsenden Blütenpflanze suchen denn sie sind winzig und leicht übersehbar.



Veronica chamaedrys (Gamander-Ehrenpreis) am 23. Mai 2015



Benachbart und besonders in der Nähe des Ufers des kleinen Fließgewässers findet man die Schlangenwurz (oder: Schlangen-Knöterich) Polygonum bistorta. Sein ursprünglicher lateinischer bzw. wissenschaftlicher Artname lautete Bistorta officinalis, was auf die medizinische Verwendung dieser Pflanze hinweist. Grund hierfür war die Schlangenkörper-Ähnlichkeit der gewundenen Wurzel der Pflanze, was in der sogenannten Signatur-Lehre zum Glauben führte, daß man Schlangenbisse mit Wurzelextrakten dieser Pflanze heilen könne. Darauf deutet auch der regional im Harz und Sachsen gebräuchliche Artname "Otterzunge" hin. Auch Nahrungsmittel wurden aus Pflanzenteilen der Schlangenwurz zubereitet. So sind ihre Blätter als Spinat-, Salat- oder Gemüse-Ersatz bekannt, aus der Wurzel wurde entweder Tee gekocht oder sie wurde gekocht oder gebraten verzehrt, wozu sie zuvor über Nacht in Wasser eingelegt wurde.




Schlangenwurz (Polygonum bistorta / Bistorta officinalis)


Unmittelbar am Gewässerufer bzw. im Wasser des Moettbaches finden sich ausgedehnte Bestände der Gelben Schwertlilie Iris pseudacorus, die im Juni leuchtend hellgelbe, weithin sichtbare große Blüten entfalten. Zum Zeitpunkt des Besuches in der dritten Mai-Dekade 2015 standen die Wasser-Pflanzen kurz vor der Entfaltung ihrer ersten Blütenstände. Der lateinische Artname pseudacorus (Pseudo-Kalmus) deutet auf die Medizinalwirkung der Pflanze hin, die früher zur "Verfälschung" der in der asiatischen Heilkunde verwendeten und aus einem Aaronstab-Gewächs gewonnenen Kalmus-Droge  verwendet worden ist. Alle Pflanzenteile der Gelben- oder Sumpf-Schwertlilie werden als "giftig" betrachtet, insbesondere die Wurzelrhizome des Gewächses. Ausgedehnte Schwertlilien-Bestände wachsen im NSG desweiteren in den Dauerüberflutungsflächen des Auwaldes.




Gelbe Schwertlilie (Iris pseudacorus) kurz vor ihrer Blüte



Ursprünglich den Rachenblütlern bzw. Braunwurzgewächsen (Scrophulariaceae) zugeordnet betrachtet man den Kleinen Klappertopf Rhinanthus minor heute als Pflanze der Familie Sommerwurzgewächse (Orobanchaceae). Die Pflanze trägt ihren deutschen Namen wegen der Verwendung der getrockneten Samen in den Fruchtkapseln als Rasseln. Ihre beschriebene medizinische Wirksamkeit bezieht sich hauptsächlich auf die Symptom-Linderung von Asthma, trockenem Husten und Katarrh. Im spanischen und englischen Sprachraum ist sie als "Hahnenkamm" benannt.



Kleiner Klappertopf (Rhinanthus minor)



Zu erwähnen bleibt an dieser Stelle noch ein kleines Rohrkolbengewächs der Gattung Sparganium (Igelkolben), das bisher nur isoliert an einer einzigen Stelle der dauerfeuchten Sumpfwiesen gefunden werden konnte. Vermutlich handelt es sich um Sparganium natans, den Zwerg-Igelkolben. Der Igelkolben wurde im Februar 2005 bei der ersten CID-Exkursion in das Schutzgebiet registriert. Ob es sich bei der hier im folgenden abgebildeten Pflanze aber um einen angewachsenen Fruchtstand des bereits verblühten Rohrkolbengewächse oder um den sehr ähnlich aussehenden Fruchtstand der Sumpfdotterblume wäre noch zu überprüfen.


Zwerg-Igelkolben (Sparganium natans) oder Sumpf-Dotterblume (Caltha palustris) ?




Die Sumpf-Dotterblume Caltha palustris ist die Charakterart der Pflanzengesellschaft Sumpfdotterblumenwiesen (Calthion palustris - Verband der Molinietalia: Feucht-, Nass- und Streuwiesen). Im Schutzgebiet wird dieser Vergetationsverband als hier "artenreichste Pflanzengesellschaft von besonderer Bedeutung" angesehen. Caltha palustris blüht intensiv und auffällig gelb. Die sattgelbe Blütenfarbe wirkt offensichtlich positiv psychostimulierend auf viele Menschen, insbesondere auf Kinder, und löst beim Anblick unbewußt Freude aus. Schon aus diesem Grunde wurde der Sumpf-Dotterblume in der Volksmedizin Heilwirkung zugeschrieben. Dies führte auch zur Anwendung der Blüten als Medikament gegen Hepatitis (Gelb-Sucht).


Sumpf-Dotterblume Caltha palustris



Ein weiterer volkstümlicher Name - Butterblume - weist darauf hin, daß die Blüten von Milch-Viehzüchter in dem Glauben an ihre Tiere verfüttert wurden, daß dadurch eine intensivere, gelbe Einfärbung der Butter zu allen Jahreszeiten zu erreichen sei. Ebenso wurden ihre Blüten zur Hexenabwehr in der Walpurgiszeit vor den Viehställen ausgelegt. 

Trotz ihrer bekannten Giftigkeit - der Verzehr von Pflanzenteilen von Caltha palustris soll Schwindel und Erbrechen auslösen können - wurde aber trotzdem die Knospen der Blume vor dem Erblühen geerntet und als Ersatz für Kapern-Früchte verwendet. Dieser Kapernersatz war als "Deutsche Kapern" bekannt. Ihr Verzehr soll aber ebenfalls von entsprechenden Symptomen begleitet gewesen sein. Bekannt ist weiterhin die Verwendung von Pflanzenteilen zum Färben von Wein und Essig.


                   
Sumpf-Dotterblume Caltha palustris im Schutzgebiet Moettbachtal


Tatsächlich ist, wie diese letzte hier gezeigte Abbildung der Exkursion in das Naturschutzgebiet eindrucksvoll zeigt, der Anblick der leuchtendgelben Blüten dieser Pflanze im Kontrast zum kargen, durchnässten und dunklen Frühjahrs-Feuchtgebietsaspekt ein wohltuender Kontrapunkt an welchem man sich als Naturkundler gerne festhält und so von der noch tristen Umgebung ablenken läßt.


















Silberreiher im Weiltal bei Weilmünster
Dipl. Biol. Peter Ulrich Zanger / CID Institut 8. Januar 2015

Seit längerem schon sammeln sich im Weiltal Berichte von Sichtungen eines scheuen, weißen Vogels, der mit Sicherheit kein Storch sei aber ähnlich wie dieser Vogel langsam suchend in Feuchtwiesen  steht oder herumwatet und der eindruckswoll "Feenartig" mit sanften Flügelschwingungen fliegt und dabei bisweilen mysthische Beunruhigung erzeugt. Solcherlei bringt Ethnobiologen schnell zum Schmunzeln, denn daß die Landbevölkerung "den Storch" wie das Weihwasser fürchtet, ist verständlich. Sich aber vor der zoologischen Rarität einer Silberreiher-Beobachtung zu fürchten, das ist für Biologen schwer nachvollziehbar.

Nun aber Spaß bei Seite, heute weiß jedes Kind, daß das Märchen vom Baby herbeitragenden Storch ein Mythos ist, dessen Symbolik im Volkstum immer seltener verwendet wird.  Silberreiher in Deutschland zu sehen wird seit spätestens Anfang der 90er Jahre auch nicht mehr als etwas Außergewöhnliches eingeschätzt. Als "eigentliche Europa-nahe Brutgebiete" dieser Vögel betrachten Zoogeographen die Türkei, Kurdistan und Irak, Ukraine, Georgien und Kasachstan sowie Albanien und Montenegro. Von dort, so klären ornithologische Fachbücher auf, wandern die Vögel ab dem Monat März "zu Streifzügen" auch in andere Gebiete Europas ein. Insgesamt sei die Vogelart Silberreiher aber "ein Kosmopolit", was bedeutet, daß sie weltweit verbreitet ist.


Silber-Reiher (Ardea alba, auch Casmerodius albus)
am 5. Januar 2015 frühmorgens in der Weilaue bei Winden / Utenhof


Verwechseln könnte man den Silberreiher am ehesten mit dem sehr ähnlich aussehenden Seidenreiher (Egretta garzetta). Im Gegensatz zum eher gelbschnabeligen Silberreiher trägt dieser ebenfalls schneeweiße Vogel einen graugefärbten Schnabel und ist zusätzlich durch sogenannte Schmuckfedern am Hinterkopf gekennzeichnet. Ansonsten teilen beide Arten dieselben Nistregionen und zeigen ähnliches "Zug-, Nist- und Ernährungs-Verhalten". Eine sichere Unterscheidung bei Geländebeobachtungen aus größeren Entfernungen ist somit schwer zu treffen.

Für Hessen verzeichnete die Rote Liste bedrohter Vogelarten von 1997 weder den Silberreiher noch den Seidenreiher. Grund hierfür war, daß man diese Arten nicht als Brutvögel sondern "nur" als Durchzügler oder Nahrungsgäste betrachtete. Auch heute noch sind Verbreitungskarten des Silbereihers, wie sie beispielsweise der NaBu führt, nur spärlich mit Sichtungsvermerken in Hessen gefüllt, was auf eine starke Zurückhaltung der Bevölkerung in Hinblick auf Meldungen von Beobachtungen dieser Vogelart hindeutet.


NaBu-Verbreitungskarte Silberreiher Hessen 2014


Ethnozoologisch gesehen deuten der Beunruhigung auslösende Mythos, mit welchem die Vögel besetzt sind, sowie die "Geheimhaltung" von Sichtungen auf die bedauerliche Geschichte des Schicksales dieser wunderschön anzusehenden, graziösen Vogelart hin, welche im Verlauf des 19. Jahrhunderts wegen der hohen Nachfrage nach Schmuckfedern dieser Vögel für die Damenmode sehr gejagt wurde und fast vollständig ausgerottet worden war. Auch die äußerliche, figürlich Ähnlichkeit des Silberreihers mit dem "HAMA"-Vogel Kleinasiens und Afrikas, dem wie vielen anderen Schreitvogelarten wegen seinen "Schlangenhalses", seinen schwingenden Flügelschlägen, seiner schnee-weißen Farbe, dem "nadelspitzen" Schnabel, dem schlanken Körperbau und dem menschenähnlichen Gang von abergläubischen Personen Zauberkräfte nachgesagt wurden, mag zu seiner Bejagung aus Furcht beigetragen haben. Nicht unwahrscheinlich ist auf jeden Fall, daß der weiße Reihervogel im Bezug zum "Quetzalcoatl" der zentralamerikanischen Mythologie steht, der im deutschen Sprachraum auch als "gefiederte Schlange" bezeichnet wird.

Die Nahrung der weißen Reiher besteht aus Fischen, Amphibien, Reptilien, Insekten, Mollusken, Würmern, kleinen Säugetieren und Jungvögeln anderer Vogelarten. Dies bedingt, daß sie zumeist auf Feuchtwiesen, in Flußauen, Sumpf- und Schilfgebieten und an Gewässerufern zu beobachten sind. Zwischen den Nistplätzen und den zur Nahrungssuche angeflogenen Habitaten können 10-20 Kilometer Distanz liegen. Als Nistplatz benötigen die Vögel größere, ruhigem von Menschen ungestörte Röhrichte. Die heutzutage leider sehr reduzierte Zahl solch geeigneter Nistgebiete ist der Grund für die nur sehr, sehr langsame Wiederausbreitung der einstmals hier ausgerotteten Vogelart.



Silberreiher steigt zur Nahrungssuche in einen Auwiesengraben
5. Januar 2015 Winden Weiltalaue



Die Anwesenheit eines Silberreihers Anfang Januar 2015 im Weiltalabschnitt zwischen Weilmünster und Weilrod deutet darauf hin, daß diese Vogelart mittlerweile auch in dieser hessischen Landschaft wieder heimisch ist, brütet und überwintert. Bisherige Sichtungen dieser Vögel im Weiltal und Möttbachtal bezogen sich zumeist auf die Sommermonate in Form von Einzelbeobachtungen, so daß davon ausgegangen wurde, daß es sich um Einzelexemplare auf Nahrungs- oder Brutplatzsuche, nicht aber um Brutvögel handelte. Nächste bekannte Gebiete mit Dauerpräsenz von Silberreihern liegen in der Wetterau und im Raum Marburg an den großen, bekannten Wasservogelschutzgebieten und Kranich-Rastplätzen (z.B. Bingenheimer Ried bei Reichelsheim), so daß bisher vermutet wurde, daß die bei Weilmünster gesehenen Vögel von dort spontan einwanderten.


Silberreiher überquert fliegend Weiltalaue am Utenhof / Foto CID Nature Studies 5. Januar 2015


Frühere Silberreiher-Beobachtung in Frühlingsmonaten im Möttbachtal bei Weilmünster. 
Foto CID Nature Studies 2. Mai 2013


Für die Landschaftspflege, den Naturschutz und die Feuchtgebietsbewirtschaftung durch die Landwirtschaft bedeutet dies, daß die Entstehung größerer, unangetasteter Ruhezonen um die bisher existierenden, potentiellen Nistflächen für eine Vergrößerung des Silberreiherbestandes förderlich wäre. Auch die künstliche Anlage von Röhrichten, wie beispielsweise durch die Weilrenaturierung am Ortseingang Weilmünsters auf Höhe des Sanatoriums geschehen, könnte geeignete Bruthabitate für diese Vogelart erschaffen, doch wäre dabei ein größerer Abstand zu Siedlungen, Verkehrs- und Wanderwegen und Bewirtschaftungsflächen einzuhalten.


Silberreiher aus der Reiherkolonie am Bingenheiner Ried bei Reichelsheim
Foto CID Nature Studies 15. März 2014


Räumliche In-Bezugsetzung der Silberreiher-Verbreitungsgebiete in Mittelhessen:
Weiltal (linker Sattelitenbildrand) Wetterauer Feuchtgebiete (rechter Rand).
Die Distanz zwischen Winden und Reichelsheim beträgt Luftlinie 35 kms.
Luftbild Quelle : Wikimapia